Der rasante Fortschritt in Medizin und Pflege führt nicht nur zur ständigen Verbesserung der Diagnose- und Therapiemöglichkeiten. Zugleich konfrontiert er Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Patienten und deren Angehörige zunehmend mit ethischen Fragen: Was können wir tun? Was dürfen wir tun? Was müssen wir tun? Dürfen wir alles, was wir können? Welche Folgen sind zu bedenken? Dieselben Fragen stellen sich auch die Verantwortungsträger der Einrichtungen angesichts knapper werdender finanzieller und personeller Ressourcen sowie des steigenden wirtschaftlichen Drucks auf die Krankenhäuser. Die Kluft zwischen dem professionell Machbaren, dem menschlich Vertretbaren und dem finanziell Leistbaren ist breiter geworden. Bei der Suche nach verantwortbaren Lösungen hat das christliches Menschenbild in unseren Einrichtungen einen hohen Stellenwert. Um sich diesen komplexen Themen und Fragen fachlich und kompetent zu stellen, beauftragten die Direktorien der Brüderkrankenhäuser in Paderborn und Marsberg Anfang 2007 eine gemeinsame Projektgruppe mit der Aufgabe, die Einführung von Ethikberatung sowie die Gründung eines Ethikkomitees inhaltlich und strukturell vorzubereiten. Im August 2008 konstituierte sich das gemeinsame Klinische Ethikkomitee, dessen Mitglieder von den Direktorien berufen wurden.
Das Klinische Ethikkomitee versteht sich als ein
Forum, in dem ethische Fragen des klinischen Alltags bearbeitet werden.
Mitglieder sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beider Krankenhäuser
aus den Bereichen Medizin, Pflege, Krankenhausleitung, Seelsorge,
Psychologie und Sozialdienst. Sie bilden eine interdisziplinäre
Plattform, auf der anstehende oder bereits getroffene Entscheidungen in
den Bereichen Medizin, Pflege, Organisation und Ökonomie ethisch
reflektiert und aufgearbeitet werden. Das Ethikkomitee kann in allen
ethisch relevanten Fragestellungen, die sich in den Häusern ergeben, von
jedem Mitarbeiter, den Direktorien sowie von Patienten und Angehörigen
angefragt werden.
Das Klinische Ethikkomitee verfolgt die Ziele:
Die ethische Fallbesprechung ist das Angebot eines fachkundig moderierten und strukturierten Gespräches über eine Behandlungs- oder Pflegesituation, zu der es unterschiedliche Einstellungen und Entscheidungskriterien gibt. An der Fallbesprechung nehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teil, die für die Behandlung und Pflege des betroffenen Patienten verantwortlich sind (Arzt, Pflegekraft, ggf. Seelsorge, psychologischer Dienst, Sozialdienst oder Rechtsberatung). Unter der Leitung eines neutralen und dafür geschulten Moderators wird der konkrete Einzelfall aus verschiedenen Blickwinkeln beraten. Im Zentrum der ethischen Fallbesprechung stehen die Situation des Patienten und sein Wohl. Dabei gilt es, den (mutmaßlischen) Patientenwillen zu berücksichtigen. Nach eingehender, interdisziplinärer Beratung über eine verantwortungsvolle Behandlung und Versorgung des Patienten, die dessen persönliche wie krankheitsbedingte Gesamtsituation berücksichtigt, sprechen die Teilnehmer dem behandelnden Arzt, der weiterhin die letztverbindliche Entscheidungsverantwortung trägt, eine Empfehlung aus.
Den Antrag auf Durchführung einer ethischen Fallbesprechung kann
grundsätzlich jede Person, die hinsichtlich der Behandlung oder Pflege
eines Patienten einen Wertekonflikt empfindet, stellen. Das können
Ärzte, Pflegende, Psychologen, Seelsorger, Sozialer Dienst, begleitende
Therapeuten oder Auzubildende sein, aber auch die Patienten selbst sowie
deren Angehörige und Betreuer.
Der Antrag ist mündlich oder schriftlich an einen der vom Klinischen
Ethikkomitee bestimmten Koordinatoren zu richten. Ansprechbar sind dafür
aber auch alle Mitglieder des Ethikkomitees, die den Antrag an den
Koordinator vermittelnd weiterleiten. Der Koordinator bereitet die
Fallbesprechung vor und lädt dazu ein.